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Genügt es agil zu sein?

02.Sept. 2020

«Agil» in aller Munde

«Wir müssen agiler werden, um am Markt bestehen zu können.» «Wir müssen innovativ bleiben, unsere Mitarbeitenden müssen rascher und eigenständiger reagieren und kooperieren.» Leaders sind gerade heute mit solchen Herausforderungen konfrontiert. Genügt es bei einer solchen Ausgangssituation agiler zu werden? Lassen sich die bereits in den 1990 Jahren entwickelten Methoden der agilen Softwareentwicklung auf die Produktentwicklung und die Steuerung von Unternehmen generell übertragen?

 

Agil ist eine Haltung (beschreibt das HOW)

Die Vorstellung von rigiden und bürokratischen Prozessen; Entscheidungen, welche durch Führungskräfte getroffen werden müssen; Produktentwicklung, welche ohne den Einbezug von Kunden, dafür durch Vorgabe eines strategischen Plans erfolgen, ist heutzutage als untauglich erkannt. Die heutzutage breit anerkannte agile Haltung, welche bspw. darin besteht, Entscheidungen vor Ort zu delegieren, den Grundsatz ‘good enough for now’ aktiv zu leben oder auch darin, die Kunden frühzeitig in Entwicklungsprozesse zu integieren. Dass deren Umsetzung eine radikal neue Kultur der Zusammenarbeit und des Organisierens verlangt, zeigt sich in vielen Veröffentlichungen, welche mit Schlagwörtern wie Holacracy oder Soziokratie operieren. Agilität stellt, wie sich immer wieder zeigt, hohe Anforderungen und muss einhergehen mit einem Kulturwandel. Agilität fokussiert somit auf das HOW der Unternehmensgestaltung und meint, dass der Weg beim Gehen entsteht.

 

Erst das WHY ...

Agiles Zusammenarbeiten ist aber nur eine Seite der Medaille. In Veränderungsprozessen beklagen Mitarbeitende immer wieder die fehlende Überzeugung für dieses WIE. Sie sehen den Sinn nicht ein, weshalb diese neuen Anforderungen nun wirklich umgesetzt werden sollen; sie reagieren mit offenem Widerstand oder gehen ‘in Deckung’. Wenn dann Führungskräfte beklagen ‘die wollen einfach nicht’, dann gerät die Veränderung ins Stocken und Missmut, Konflikte oder Krankheitsstände nehmen zu. Solche Symptom weisen darauf hin, dass der Sinn oder das WHY des ganzen Unterfangens nicht klar ist oder nicht bei allen angekommen ist. Agilität systematisch zu gestalten macht erst Sinn, wenn das WHY klar ist – oder anders gesagt Sinn steuert die Entscheidungen in Organisationen.

 

... dann das HOW und das WHAT

Die gemeinsame Erarbeitung und Definition des WHY stellt somit in vielen Entwicklungsprozessen eine Herausforderung dar. Erst daraus erschliesst sich wie eine agile Kultur geformt und entwickelt werden soll. Die Frage nach dem Was, d.h. was zu tun ist, ergibt sich durch die Arbeit am Sinn des Ganzen. Die verschiedenen Perspektiven müssen somit auch integrativ gedacht und angegangen werden.

 

Und nun?

Agil zu arbeiten verlangt an sich schon eine gehörige Portion Engagement und Gelassenheit. Ohne eine Erarbeitung des WHY lohnt sich der Aufwand für die Einführung agiler Methoden wenig. Wenn Leaders den Sinn des Unternehmens vermitteln und begründen können, fällt die Umsetzung von Grundsätzen des agilen Arbeiten leichter. Gilt also der klassische Leitsatz der Organisationslehre von Alfred J. Chandler aus den 60er Jahren “structure follows strategy” auch heute noch? Diese Frage kann mit ja beantwortet werden, wenn eine Strategie anpassungsfähig oder eben agil bleibt und wenn der Purpose eines Unternehmens sinnhaft vermittelt werden kann. Er gilt auch dann, wenn eine agile Haltung gelebt wird, in welcher Strukturen nicht als unumstösslich gelten, sondern aus den konkreten Erfahrungen im Arbeitsalltag flexibel und kooperativ weiterentwickelt werden.

Mit dem Framework von ON beraten wir Sie in dieser Weise. Mit der ‘Schlaufe’ (?) möchten wir ausdrücken, dass wir gemeinsam mit den internen Ansprechpartnern eine Auslegeordung durchführen, diese bewerten und dabei auch den Purpose der Entwicklung definieren und daraus gemeinsam das Vorgehen zum Erreichen der Ziele erarbeiten. Ein anschliessender Reviewprozess zeigt auf, ob diese Schritte angepasst wiederholt werden oder ein Abschluss festgelegt werden kann.

 

Dr. Cuno Künzler